Mein Kind befindet sich religiös auf einem Irrweg - wie reagiere ich?

Leider gibt es heute in unseren westlichen Gesellschaften immer weniger Familien, in welchen nicht nur die Eltern sehr gut zusammenhalten, sondern dann vor allem auch alle Kinder wohlerzogen und fest im katholischen Glauben sind. Familien, in der alle ihre Kinder tapfer und erfolgreich dem modernen Geist des Liberalismus und der Gottlosigkeit widerstehen (in welcher konkreten Gestalt auch immer er sich ja an uns alle heranschleicht) und dann darüber hinaus auch noch beim überlieferten katholischen Glauben bleiben, nahmen in den letzten Jahrzehnten anteilmäßig deutlich ab und stellen heute fast schon eine Ausnahme dar.
Auch in Familien mit an sich guten und vielleicht sogar vorbildlichen katholischen Eltern kommt es vor, dass dann mindestens eines ihrer Kinder irgendwie auf Abwege gerät. Unübersehbar ist auf diese traurige Entwicklung maßgebend der negative Einfluss der neuzeitlichen liberalen Medien und einer Gesellschaft ursächlich verantwortlich, die den fundamentalen Bruch mit vielen der höchst wertvollen überkommenen christlichen Wertvorstellungen bewusst zum Maßstab ihres Handelns erhebt! Fast muss man sich da eher fragen, wie denn ein junger Mensch in einer solchen Umgebung überhaupt noch genug Kraft finden soll, den betreffenden “süßen” Versprechungen einer angeblich grenzenlosen Freiheit zu widerstehen?
So stellt sich uns allen auf die eine oder andere Weise umso dringender die Frage, wie man denn speziell jenen der eigenen Kinder, Familienangehörigen, Freunde und Bekannten gegenüber begegnen soll, die sich entweder vom überlieferten Katholizismus distanzieren (in welchem Umfang auch immer) oder sich sogar ganz vom Glauben abwenden. Welche Methode der Begegnung ihnen gegenüber soll man denn dann am besten wählen, um sie eben entweder von entsprechenden falschen Schritten abzuhalten oder auf den rechten Weg zurückzuführen? Soll man da - um hier vorerst nur zwei entgegengesetzte extreme Positionen zu erwähnen - a) ganz konsequent einen jeglichen Kontakt mit ihnen abbrechen? oder b) ihr Abdriften vom rechten Pfad mit totalem Schweigen bzw. gänzlicher Passivität begleiten?
Nun, wie es scheint gibt es verschiedene einzelne Phasen der Abwendung eines Menschen von Gott, der Moral und dem gesunden katholischen Glauben. Demnach sollte man wohl auch eine jeweils verschiedene Reaktion auf diese einzelnen Verhaltensstufen an den Tag legen, um dem betreffenden Irregeleiteten möglichst effektiv zu helfen und ihn somit von seinem Fehltritt abzuhalten. Selbstverständlich ist jeder einzelne Fall für sich gesehen speziell und unterscheidet sich irgendwie immer von den anderen. Dennoch kann man da eine gewisse Verwandtschaft der Fälle erkennen.
Zunächst muss grundsätzlich festgestellt werden, dass sich ein Katholik niemals komplett mit dem Abfall eines (vor allem ihm nahestehenden) Menschen von Gott und der gesunden Moral abfinden kann und darf! Man darf da nie etwa gleichgültig und indifferent sein, als ob es einem in sittlicher Hinsicht egal wäre, was der andere Mensch mache oder nicht mache. Denn dies würde ja einer weitestgehenden Gleichgültigkeit dem zeitlichen und ewigen Wohl eines Menschen gegenüber gleichkommen - für einen katholischen Christen, der aufrichtig Gott liebt, an sich völlig unannehmbar! Die Frage, die wir hier behandeln, ist eben, wie genau man sich da verhalten soll.
1) Untersuchen wir also zunächst den Fall, in welchem wir beobachten oder uns sonst irgendwie bewusst wird, dass ein Mensch in unserer Umgebung (kein kleines Kind mehr!), vor allem wie gesagt, wenn wir ihn an sich gut genug kennen und an dem uns viel liegt, etwa Zweifel in Bezug auf den Glauben und die Morallehre der Kirche bekommt und erste Anzeichen einer möglichen und wohl auch zu befürchtenden Abkehr vom wahren Glauben und den guten Sitten zeigt.
Auf keinen Fall sollten wir ihn in einer solchen Situation irgendwie erpressen, unter Druck setzen oder mit Vorwürfen überziehen. Nein, man sollte versuchen, ihm auf welche vernünftige Weise auch immer zu signalisieren, dass man ihn und seine Bedenken sehr wohl ernst nehmen und ihm bei seinen Zweifeln und Problemen eben helfen möchte. Man versuche also zu erreichen, dass er dann seine betreffenden Schwierigkeiten mit dem Glauben zur Sprache bringt, um diese dann im nächsten Schritt durch ein sachliches gemeinsames Gespräch oder eine entsprechende Lektüre möglichst aus der Welt zu schaffen.
Denn wenn man einen solchen Zweifelnden wie auch immer erpressen wollte, würde man ihn ja nur zwingen wollen, lediglich formal, nach außen hin, eine bestimmte rechtgläubige Position einzunehmen. Eine entsprechende Glaubensüberzeugung würde man bei ihm aber mitnichten erreichen! Und somit würde man dann eindeutig nicht in Entsprechung zu christlichen Glaubensprinzipien handeln! Außerdem würde man bei ihm den Eindruck erzeugen, als würde es im Katholizismus nicht auf die innere Überzeugung ankommen, sondern nur auf eine “fromm” erscheinende Fassade. Man würde somit auch selbst den rechten Glauben in einem bestimmten Umfang verraten und verleugnen!
Im Gegenteil, man sollte dem Armen zeigen, dass man sowohl ihn als einen selbstdenkenden Menschen ernst nimmt als auch beim Glauben eindeutig und unmissverständlich auf Überzeugungen setzt. Und allein dieser Verweis auf die absolute Notwendigkeit der freien und ungezwungenen Annahme des christlich-katholischen Glaubens durch die Willensentscheidung des Menschen ist sozusagen Gold wert und sammelt vielleicht gerade beim betreffenden Zweifelnden schon einige Pluspunkte!
Natürlich liegt der Fall etwas anders, wenn jemand schlicht und ergreifend faul ist, den praktischen Glaubenspflichten nachzukommen und sich in dieser Hinsicht statt dessen der weitestgehenden Bequemlichkeit hingibt. Nun, in einem solchen Fall ist dann wohl auch der Verweis auf die negativen Folgen seiner betreffenden Faulheit und religiösen Gleichgültigkeit angebracht: nicht nur die Gefahr für sein ewiges Heil im Jenseits, sondern sehr wohl auch der Verlust des Segens Gottes schon hier auf Erden! Als ersten Schritt in die richtige Richtung wäre man bei einem solchen Kandidaten schon mit seinem Erwecken der so genannten Furcht-Reue zufrieden...
In solchen Fällen stehen uns dann verstärkt auch noch zwei andere sehr wertvolle und hilfreiche Mittel zur Verfügung: sowohl das inständige und andauernde Gebet als auch bewusst dargebrachte Sühneleistungen für die betreffenden Gefährdeten und Irrenden! Aus dem Evangelium wissen wir ja, wie hoch Jesus die Wirksamkeit des fürbittenden Gebetes ansetzt: “Bittet, und es wird euch gegeben; sucht, und ihr werdet finden; klopft an, und es wird euch aufgetan. Denn jeder, der bittet, empfängt...” (Mt 7,7-11). Außerdem formuliert Jesus klipp und klar bei der Heilung eines mondsüchtigen Knaben: “...Aber diese Art wird nur durch Gebet und Fasten ausgetrieben” (Mt 17,19-21). Können und dürfen wir ja den Segen, den wir durch unser Gebet und die Sühneleistungen, unbedingt in Verbindung mit unserer aufrichtigen Hingabe an Gott, von unserem himmlischen Vater erflehen können, auch jenen zuwenden wollen, die uns am Herzen liegen.
2) Nun kann es aber auch passieren, dass jemand entweder sofort oder auch erst nach Überschreiten der gerade beschriebenen ersten Phase ein Verhalten an den Tag legt, dem man deutlich entnehmen kann, er oder sie weigere sich mehr oder weniger grundsätzlich, über das Thema der Religion und der eigenen Abkehr davon zu sprechen. Jedes Mal, wenn man dann etwa als Vater, Mutter, Familienangehöriger oder Freund darüber sprechen möchte, um dem Irregegangenen zu helfen, wird man entweder sofort abgeschnitten oder bekommt auf einem anderen Weg zu verstehen, dass solche Versuche unerwünscht oder tunlichst zu unterlassen seien. Wie soll man sich da verhalten?
Nun, in solchen Fällen sollte man wohl zuerst darauf achten, ob sich denn der betreffende Kandidat mit jedem unserer sehr wohl gut gemeinten Gesprächsversuche sowohl auf menschlicher Ebene von uns selbst immer mehr abschottet als auch dann darüber hinaus vor allem auch vom Glauben weiter distanziert. Sollte dies nämlich der Fall sein, wie es in der Praxis nicht selten leider auch tatsächlich anzutreffen ist, wird man sich wohl gezwungen sehen, weitere Gesprächsangebote vorerst einzustellen.
Denn man will und soll ja in dieser Phase der Entwicklung verhindern, dass der Irrende gänzlich blockt und komplett zumacht und dann auch uns in menschlicher Hinsicht überhaupt nicht mehr an sich heranlässt. Denn wenn es so weit kommen sollte, hat man ja wohl überhaupt keine Chance mehr, zu ihm - je nach sich vielleicht bietender Gelegenheit - auch nur wenig vorzudringen und somit ihn, wenn auch nur gering, positiv zu beeinflussen. Ja, das Herz tut einem dann vielleicht sogar sehr weh und es blutet gar stark, wenn wir zuschauen müssen, wie unsere irrenden Familienangehörigen oder Freunde in einem wichtigen Bereich eine falsche Lebensrichtung verfolgen. Aber es wird in einer solchen Situation vielleicht doch klüger und letztendlich zweckdienlicher sein, ihnen gegenüber in Bezug auf das betreffende Thema zu schweigen bzw. sie, was ihren eigenen Lebensbereich angeht, sozusagen machen zu lassen.
Kritisiert man sie sozusagen am laufenden Band, macht ihnen ständig Vorwürfe oder bricht man mit ihnen in zwischenmenschlicher Hinsicht sogar gänzlich, stößt man sie nicht nur von ihrer Familie oder dem Freundeskreis weg, sondern trägt irgendwie auch selbst aktiv dazu bei, dass sie gänzlich verstocken, weil sie dann an den Glauben und die eigene Familie ja nur bzw. praktisch ausschließlich unter sehr starken negativen Vorzeichen, wenn nicht sogar mit Gehässigkeit und stärkster Ablehnung denken werden.
Nein, man gestehe zuerst sich selbst ohne falsche Scheu und Scham vor bzw. überängstliche Rücksichtnahme auf andere Menschen ein, was nun Tatsache zu sein scheint. Falsch wäre, wenn man sowohl sich selbst in Bezug auf die betroffenen Verwandten etwas vorlügen als auch gegebenenfalls den anderen Menschen vormachen würde. Verdrängung von traurigen Tatsachen bzw. Heuchelei welcher Art auch immer wären komplett fehl am Platz und somit auch nicht hilfreich.
Dann stelle man sich in dieser Situation die wohl zentrale Frage, wie man nämlich bei den betroffenen irregegangenen Menschen vielleicht doch irgendwann und irgendwie das sprichwörtliche Eis brechen könnte! Was könnten wir neben unserem eifrigen Gebet für die Verirrten und bescheidenen Sühneleistungen da nämlich noch tun? Welche Brücken könnten wir ihnen da bauen, damit sie die etwaigen eigenen falschen Annahmen und gegebenenfalls auch Glaubensvorurteile abbauen?
Und da scheint dann das Allerwichtigste zu sein, dass wir zunächst selbst möglichst vorbildlich den Glauben leben bzw. ehrlich praktizieren und unsere entsprechenden Pflichten Gott und der katholischen Kirche gegenüber mit aller gebotenen Gewissenhaftigkeit erfüllen! Dies macht ja nicht nur unser eigenes Leben mit und vor Gott aus, sondern liegt auch allen unseren weiteren Bemühungen in Bezug auf andere Menschen, ob nun Gläubige, Irr- oder Ungläubige, zu Grunde. Denn ohne dass wir zunächst und zuvörderst selbst Gott aufrichtig lieben, können wir auch keinem anderen Menschen auf seinem Weg zu Gott wirklich helfen! Dies ist also auch das A und O einer jeglichen Bemühung um die Konversion anderer Menschen, gerade der so genannten schweren Fälle!
Manchmal muss man als Priester - etwa bei Trauungen oder auch Beerdigungen - in Gegenwart von Menschen seines priesterlichen Amtes walten, die absolut nichts mit der (wahren) Kirche zu tun haben und bestenfalls minimaleKenntnisse in Bezug auf das Christentum und den Katholizismus besitzen. Da fragt man sich dann, wie man ihnen denn in dieser Situation wohl am besten etwa den Sinn und die Bedeutung des hl. Messopfers oder einer anderen geheiligten liturgischen Handlung erläutern könnte. Außer der Gelegenheit, etwa bei der etwaigen Predigt oder Ansprache entsprechende kurze Gedanken anzubringen, bleibt einem da nur eins übrig zu tun: nämlich würdig und mit eigener tiefer Andacht die hl. Messe zu zelebrieren bzw. die Sakramente zu spenden!
Und wenn dann die betreffenden der Kirche fern stehenden Personen erkennen sollten, dass man sich ihnen gegenüber insofern keinesfalls anbiedert, dass man ihnen zuliebe irgendwelche unzulässigen Kompromisse schließt und somit auch gegen fundamentale kirchliche oder liturgische Bestimmungen verstößt, sondern seine Sache ohne falsche Scheu und in völliger Treue zum eigenen Glauben praktiziert, ist schon einiges gewonnen. Denn dann merken sie, dass wir unseren Glauben durchaus ernst nehmen und ihn keinesfalls etwa zum Zweck des Erreichens irgendwelcher anderen Ziele instrumentalisieren!
So nötigte mir einmal in einem mir bekannten Fall eine Mutter viel Respekt ab, weil sie einem ihrer Kinder, welches mit seinem Partner in einem außerehelichen Verhältnis zusammen lebte, signalisierte, dass die beiden jungen Leute unter dem Dach der Mutter nicht in einem Zimmer übernachten dürfen. Ja, man kann niemand zum Eingehen von geordneten Familienverhältnissen zwingen; darf aber auf der anderen Seite auch darauf bestehen, dass auch die eigenen Prinzipien respektiert würden!
Das allein ist dann auch schon deswegen so wertvoll, weil man diese Ernsthaftigkeit und Kompromisslosigkeit in der eigenen Glaubensausübung heute leider sehr selten antrifft. Die Menschen haben meistens einfach keine Chance, dies bei den anderen zu erleben (und sich dann davon eventuell auch selbst positiv inspirieren zu lassen). Denken wir da nur daran, wie oft und wie stark sich heute viele der modernistischen Amtsträger vor jedem, der kein Christ und Katholik ist, verbiegen und verrenken, um ihnen doch nur unbedingt zu gefallen und auf keinen Fall irgendwie Anstoß zu erregen. Hochachtung und Respekt in menschlicher Hinsicht vor sich selbst erzielt man dadurch nicht - auch nicht bei den ernsthaft eingestellten Außenstehenden.
So wollen wir auch im Hinblick auf die Bemühung um unsere fehlgeleiteten Familienangehörigen und Freunde einen großen Wert darauf legen, dass wir ihnen auch und gerade dann ein beredtes Beispiel eines ehrlichen und aufrichtigen Festhaltens an katholischen Glaubenswahrheiten und Prinzipien geben, wenn sie vielleicht gerade dichtmachen und über kein religiöses Thema reden sollten. Ohne diese unsere eigene Treue zu Christus, den Geboten und der Kirche können wir nämlich keinem der Kinder oder Freunde nachhaltig zur Rückkehr zum wahren Glauben verhelfen. Ihn vorleben, ist wohl immer noch die beste Methode: “So leuchte euer Licht vor den Menschen, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen” (Mt 5,16)!
3) Natürlich setzt es uns zu, im eigenen engeren Umfeld jemand zu kennen, der in einem so wichtigen Lebensbereich, wie die katholische Religion es ist, andere, falsche Wege eingeschlagen hat. Vielleicht bemächtigt sich unser dann auch irgendwie das Gefühl der Hoffnungslosigkeit, zumal wenn man erleben muss, wie unwillig da bisweilen auf das Thema der Religion reagiert oder unter Umständen sogar scharf dagegen geschossen wird.
Aber geben wir trotzdem die christliche Hoffnung auf das Umdenken unserer Lieben nicht auf! Erstens muss deren an den Tag gelegte Verhaltensweise nicht unbedingt immer deren wahrem Denken und innerem Empfinden entsprechen. Gibt es denn nicht auch Fälle, in welchen Menschen (etwa Jugendliche) keine hinreichende Glaubensstärke besitzen und dann in ihrem nicht gerade frommen Freundeskreis auf keinen Fall zu einer Art Außenseiter zählen wollen, wozu man aber als glaubenstreuer Katholik heutzutage von der Gesellschaft praktisch leider sofort gerechnet wird? Der sogenannte “Rudeleffekt” also. Hat man den Eindruck, dass gerade das in einem konkreten Fall zutreffen könnte, halte man für den Verirrten unbedingt den Weg zurück zum sprichwörtlichen Vaterhaus immer frei und signalisiere ihm dann umso mehr, dass man ihn in jedem Fall aufrichtig liebe und schätze. In diesem Fall halt mit Liebe und Güte die Menschenfurcht des verirrten Kindes überwinden!
Und zweitens kann es im Leben eines jeden Menschen immer überraschend zu irgendwelchen einschneidenden Ereignissen kommen, die ihm entweder irgendeine Illusion nehmen, die er sich irrtümlicherweise einbildete, oder ihn ganz einfach mit aller Brutalität des Geschehens etwa vom hohen Ross auf den Boden der Tatsachen herunterbringen. Haben denn z.B. eine ernsthafte Erkrankung, ein schwerer persönlicher Verlust, eine schmerzliche Enttäuschung nicht schon so manch einen zunächst zum ernsthaften Nachdenken und dann auch zum heilsamen Umdenken bewogen?
Wenn man merkt, dass ein Kandidat nachdenklich geworden ist oder sogar auch selbst anfängt, gewisse Fragen zu stellen, kann man sich ja überlegen, ob denn ein an die Situation angepasster kleiner Hinweis unsererseits für seine Entwicklung in die richtige Richtung hilfreich sein könnte. Aber auch da ist man in der Regel gut beraten, vorsichtig und wohl dosiert vorzugehen und bitte nichts zu überstürzen! In der Regel nur ein kurzer Denkanstoß. Nicht dass man den betreffenden Menschen mit der zu großen Wucht des eigenen Einschreitens überfordert und somit das zarte Pflänzchen bricht! Fingerspitzengefühl also - man bete zum Heiligen Geist auch für das richtige Wort für sich selbst! In einer solchen Lage ist Weniger meistens sogar Mehr!
Wir kennen ja alle das Lebensbeispiel der hl. Monika, die viele Jahre tapfer und geduldig um die Bekehrung ihres heidnischen Mannes und irrgläubigen Sohnes Augustinus gebetet und Opfer gebracht hat. Schon der Bischof von Karthago tröstete sie “mit dem bedeutungsvollen Wort, dass ein Sohn solcher Tränen nicht verloren gehen könne. ... Nach dem Tod ihres Gatten zog sie ganz zu ihm und führte ihm den Haushalt. Ihn zu überzeugen, hatte sie aufgegeben. Er war klüger als sie und hatte für jedes Wort drei Widerworte bereit, die sie nicht zu entkräften vermochte. Deshalb vermied sie in Zukunft jede Aussprache über Glaubensfragen und wandte sich umso inniger an den einzigen Helfer, an Gott.” (Hümmeler, H., Helden und Heilige, Verlag der Buchgemeinde 1934, S.243)
Augustinus beschreibt in seinen “Bekenntnissen” selbst, wie ihn allein der Anblick seiner Mutter in Karthago in innere Unruhe versetzte (wegen seines schlechten Gewissens), weswegen er sich dann ja mit einer arglistigen Täuschung nach Rom und Mailand absetzte. Neben der Gnade Gottes selbst hat es Augustinus dann auch dem beharrlichen Gebet seiner Mutter zugeschrieben, dass er nach mehreren Jahren schlussendlich seinen Hochmut brechen ließ und zur demütigen Anbetung des Herrn auf die Knie ging. Möge dieses Beispiel zweier Heiligen auch uns bei unseren Gebeten und frommen Bemühungen um unsere irregegangenen Angehörigen trösten und weiter motivieren!
Unser stiller und fast schon selbstverständlicher Wunsch, neben der Umkehr bzw. Rückkehr unserer Lieben zum Glauben und der Kirche selbst, ist natürlich ja meistens auch, dass wir diese Bekehrung noch persönlich erleben. Das ist sehr verständlich und natürlich auch jedem von Herzen zu gönnen.
Dennoch wollen wir auch nicht außer Acht lassen, dass sich dieser freudige Moment nicht unbedingt noch zu unseren eigenen Lebzeiten ereignen muss. Verzweifeln wir also gegebenenfalls nicht. Ziehen wir in Betracht, dass nach dem unergründlichen Ratschluss der Vorsehung Gottes vielleicht auch unser eigener, im tiefen Frieden mit Gott eingegangener Tod hier auf Erden den betroffenen Verirrten einen nicht unwichtigen geistig-übernatürlichen Impuls geben kann und vielleicht auch wird.
Gott allein weiß, was, wann und warum so sein müsse, wie es ist oder wenigstens zu sein scheint. Entscheidend ist ja, dass die armen Verirrten noch zu ihren eigenen Lebzeiten von ihren Irrwegen abkehren und sich in der wahren Kirche Gott zuwenden. Möge Gott uns allen Seine Gnade geben und die Heiligen, allen voran die hl. Jungfrau Maria, unsere himmlische Mutter, uns dabei mit ihrer Fürbitte begleiten!

P. Eugen Rissling

 

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